Rule of 40 bei Aktien: Bedeutung und Berechnung einfach erklärt
Es gibt wenige Regeln, von denen ich in den sozialen Median so oft lese, wie von der „Rule of 40„. Seit dem Aufschwung nach dem Corona Crash hat sich der Rule of 40 Score in meiner Wahrnehmung zu einer der meisten verwendeten aber vielfach missverstandenen Kennzahlen bei der Bewertung von Wachstumsaktien entwickelt. Doch wie ist Berechnung der Rule of 40, wie ist die Bedeutung und Interpretation der Ergebnisse? Ist die Kennzahl nur auf SaaS-Unternehmen oder auch auf Dividendenwachstumsaktien anwendbar? In diesem Beitrag bringe ich Licht ins Dunkel der Rule of 40 und zeige dir deren Anwendung anhand von praktischen Beispielen. Viel Spaß beim Lesen.
Was ist die Definition der Rule of 40 bei Aktien?
Die Definition der Rule of 40 ist recht simpel. Sie besagt, dass die Summe der prozentualen Wachstumsrate des Umsatzes und der FCF-Marge eines Unternehmens mindestens 40 % betragen sollte. Wenn du diese Definition liest, denkst du sicher, dass das Thema nur bedingt zu den von mir favorisierten Dividendenaktien passt. Und das stimmt auch. Mit der Rule of 40 kannst du Dividendenaktien nicht bewerten. Gleichzeitig habe ich vor kurzem auf reddit die Frage gelesen, ob Novo Nordisk eine schlechte Aktie ist, weil sie die Rule of 40 nicht erfüllt. Nachdem ich den ersten Schock verdaut hatte, habe ich nochmal rückversichert, ob das, was ich über die Rule of 40 dachte zu wissen, auch korrekt war. Das Ergebnis ist diese Artikel. Meine Einschätzung zum Absturz der Novo Nordisk Aktie habe ich in dem verlinkten Beitrag geschrieben. Spoiler: Die Aktie ist auch ohne Rule of 40 einen Blick wert 😉
Bedeutung bei SaaS-Unternehmen
Die Rule of 40 wurde 2015 vom Blogger Brad Feld bekannt gemacht. Sie besagt, dass das wiederkehrende Umsatzwachstum eines gesunden SaaS-Unternehmens plus sein Gewinn (oder minus sein Verlust) mindestens 40 ergeben sollte. Besonders im dynamischen Markt der SaaS- und Technologieaktien ist diese Kennzahl zu einem beliebten Instrument geworden. Sie dient dazu, das Verhältnis von Wachstum und Profitabilität zu beurteilen. Dazu dienen zwei Kennzahlen: das prozentuale Umsatzwachstum und die EBITDA-Marge. Diese beiden Werte werden addiert. Erreicht die Summe 40 oder mehr, gilt das Unternehmen als effizient wachsend.
Berechnung der Rule of 40
Die zwei Eingangsgrößen in die Berechnung der Rule of Forty haben ich schon mehrmals erwähnt. Das Umsatz-Wachstum (Revenue Growth) ist die einfachere der beiden Zahlen. Sie ist einfach die prozentuale Veränderung des Umsatzes eines Unternehmens in einer Zeitperiode gegenüber der vorherigen Zeitperiode. Für die zweite Kennzahl gibt es unterschiedliche Betrachtungsweisen. Im Orignalartikel von Brad Feld ist von EBITDA- oder Gewinn-Marge zu lesen.
Die Formel zur Berechnung der Rule of 40 lautet also:
Ergibt die Summe beider Größen einen Wert größer als 40, geht man aufgrund empirischer Daten davon aus, dass es sich um ein sehr gesundes Unternehmen handelt. Die Rule of 40 ist insbesondere bei Software oder Subscription (SaaS) Unternehmen mit hohen Gross Margins aussagekräftig. Viele andere Quellen, wie Doppelgänger.io, sprechen von der Free-Cashflow-Marge statt der EBITDA-Marge. Die FCF-Marge berechnet sich als FCF geteilt durch den Umsatz.
Interpretation anhand von Beispielen
Jetzt, wo du weißt, wie man die Rule of 40 berechnet, möchte ich dir deren Anwendung noch an ein paar ganz praktischen Beispielen zeigen. Die Interpretation der Rule of 40 ist im Grunde sehr leicht. Ein Score über 40 ist grundsätzlich ein positives Signal. Im Allgemeinen gilt: Je höher der Rule-of-40-Score, desto effizienter ist das Wachstum und vielversprechender das Geschäftsmodell. Gleichzeitig muss ein Score unter 40 nicht zwangsläufig schlecht sein. Es könnte beispielsweise bedeuten, dass das Unternehmen stark in sein Wachstum investiert und dadurch kurzfristig geringere Gewinne in Kauf nimmt (geringe Marge). Hier nun ein paar Beispiele:
- Splunk: Umsatzwachstum 19% + EBITDA-Marge 34% = Rule of 40 Score von 53
- Paycom: Umsatzwachstum 11% + EBITDA-Marge 32% = Rule of 40 Score von 43
- ServiceNow: Umsatzwachstum 22% + EBITDA-Marge 20% = Rule of 40 Score von 42
- Shopify: Umsatzwachstum 26% + EBITDA-Marge 14% = Rule of 40 Score von 40
- Cloudflare: Umsatzwachstum 28% + EBITDA-Marge -1% = Rule of 40 Score von 27
- JFrog: Umsatzwachstum 23% + EBITDA-Marge -19% = Rule of 40 Score von 4
- Snowflake: Umsatzwachstum 28% + EBITDA-Marge -33% = Rule of 40 Score von -5
- C3.ai: Umsatzwachstum 29% + EBITDA-Marge -77% = Rule of 40 Score von -48
Was fällt dir bei der Betrachtung dieser Beispiele auf?
Richtig, ein unprofitables Unternehmen mit einem hohen Rule-of-40-Score kann attraktiver sein, als ein profitables Unternehmen mit geringem Wachstum. Die Herleitung ist ganz einfach. Ein nachlassendes Umsatzwachstum kann meist schwer organisch wieder angehoben werden, ohne die Margen zu belasten. Eine Verbesserung der EBITDA-Marge ist aber aus eigener Kraft z. B. durch Reduzierung der Betriebskosten oder Abschreibungen möglich. Das heißt also für junge Unternehmen, dass eine profitable EBITDA-Marge erreicht sein sollte, wenn das Umsatzwachstum nachlässt.
Vorteile und Nachteile des Rule-of-40-Score
Die Rule of 40 hat einige leicht zu erkennende Vorteile. Zu aller erst ist sie leicht zu berechnen und ermöglicht eine rasche Einschätzung der finanziellen Gesundheit eines Unternehmens. Du benötigst lediglich zwei Kennzahlen: Umsatzwachstum und EBITDA-Marge. Damit hilft die Kennzahl dir auch zu erkennen, ob ein Unternehmen nicht nur schnell wächst, sondern auch profitabel wirtschaftet. Natürlich kannst du damit auch verschiedene Unternehmen innerhalb derselben Branche miteinander vergleichen. So kannst du leichter erkennen, welche Unternehmen effizienter arbeiten. Zwei SaaS-Unternehmen mit ähnlichem Umsatzwachstum können anhand ihrer Gewinnmarge und des Rule of 40 Scores verglichen werden, um das profitablere Unternehmen zu identifizieren.
Die Nachteile stehen natürlich in Zusammenhang mit den Vorteilen: Die Rule of 40 ist besonders relevant für SaaS-Unternehmen und andere schnell wachsende Technologieunternehmen. In anderen Branchen, in denen Wachstum und Profitabilität nicht so eng miteinander verbunden sind, ist sie weniger aussagekräftig. Leider ist es auch schwer, mit der Kennzahl langfristigen Trends oder saisonalen Schwankungen greifbar zu machen. Ein Unternehmen, das gerade hohe Investitionen in Forschung und Entwicklung tätigt, kann kurzfristig einen niedrigen Rule of 40 Score haben, obwohl es langfristig sehr erfolgreich sein könnte. Für mich der größte Nachteil ist, dass die Rule of 40 keine Auskunft darüber gibt , wie das Wachstum zustande gekommen ist. Es ist wichtig zu analysieren, ob das Wachstum nachhaltig ist und auf soliden Grundlagen basiert.
Fazit: Gut für die Bewertung von SaaS-Unternehmen, aber…
…für meine Zwecke und mein Dividendenwachstumsdepot eher von untergeordneter Bedeutung. Die Rule of 40 ist ein nützliches Werkzeug im Rahmen der Fundamentalanalyse. Sie kann dir helfen, eine erste Einschätzung eines Unternehmens zu treffen, bevor du dich detaillierter mit den Finanzkennzahlen beschäftigst.
Mein Fokus liegt einfach nicht auf Unternehmen, die derartige Kriterien erfüllen und derart schnell wachsen. Deshalb verwende ich die Kennzahl bei meinen Betrachtungen auch überhaupt nicht. Wie Aktien analysieren für Aktien funktioniert, die in mein Rente mit Dividende Depot kommen, habe ich auch in dem verlinkten Artikel beschrieben. Beim Vergleich des Artikels mit meinem Depot wirst du vielleicht merken, dass ich mit ServiceNow tatsächlich einen Wert in meinem Portfolio habe, was die Anforderungen erfüllt. ServiceNow ist übrigens auch das einzige Unternehmen in meinem Depot, welches keine Dividende ausschüttet. Allerding ist die Rule of 40 keineswegs der Grund, weshalb ich ServiceNow im Depot habe. Ehrlich gesagt, wusste ich bis zum Schreiben dieses Beitrages nicht, dass ServiceNoe die Anforderungen erfüllt 😀 Wie du an den Beispielen siehst,
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